Kostenübernahme für nicht-gelistete oder Off-Label Medikamente

Manchmal ist zur Behandlung einer Erkrankung ein Medikament notwendig, das nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgeführt ist oder für eine andere Erkrankung zugelassen ist, als die, an der Sie leiden (sog. "Off-Label-Use"). Hier erfahren Sie, unter welchen strengen Voraussetzungen eine Kostenübernahme dennoch möglich sein kann.

Hinweis: Diese Seite ersetzt keine Rechtsberatung. Alle Inhalte dienen der allgemeinen Orientierung. Bei Unsicherheiten wenden Sie sich bitte an eine anerkannte Beratungsstelle oder einen Rechtsanwalt.

Was bedeutet "nicht-gelistet" oder "Off-Label-Use"?

Nicht-gelistete Medikamente sind Arzneimittel, die zwar eine Zulassung in Deutschland haben, aber nicht im sogenannten GKV-Arzneimittelverzeichnis oder in den Arzneimittel-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) für die Verordnung zulasten der GKV vorgesehen sind.

Off-Label-Use bezeichnet den Einsatz eines zugelassenen Arzneimittels außerhalb der von den Zulassungsbehörden genehmigten Anwendungsgebiete (Indikationen), Patientengruppen oder Dosierungen.

Wann kann die Krankenkasse die Kosten übernehmen?

Die Kostenübernahme für solche Medikamente ist an strenge Bedingungen geknüpft. Eine wichtige Rechtsgrundlage ist § 2 Abs. 1a SGB V. Demnach können Versicherte unter bestimmten Umständen Leistungen erhalten, die nicht zum Leistungskatalog gehören, wenn:

  1. es sich um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung handelt oder um eine Erkrankung, die zumindest die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt,
  2. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung **nicht zur Verfügung steht** (z.B. weil alle zugelassenen Therapien ausgeschöpft wurden, nicht vertragen wurden oder kontraindiziert sind), und
  3. hinsichtlich des beantragten Medikaments eine auf Indizien gestützte, **begründete Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf** besteht.

Speziell für den Off-Label-Use gibt es zudem den sogenannten **"Nikolaus-Beschluss"** des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 19.03.2002, Az. B 1 KR 37/00 R), der ähnliche Kriterien für eine Kostenübernahme im Off-Label-Use bei schwerwiegenden Erkrankungen festlegt.

Wichtig: Die Entscheidung über eine Kostenübernahme ist immer eine Einzelfallentscheidung Ihrer Krankenkasse und erfordert eine sehr gute medizinische Begründung durch Ihren behandelnden Arzt oder Ihre Ärztin.

Die entscheidende Rolle der ärztlichen Stellungnahme

Für einen erfolgreichen Antrag ist eine **detaillierte und überzeugende ärztliche Stellungnahme** unerlässlich. Diese sollte beinhalten:

Der Antragsprozess

Der Antrag auf Kostenübernahme sollte schriftlich und so umfassend wie möglich bei Ihrer Krankenkasse eingereicht werden. Neben dem eigentlichen Antragsformular (wofür Sie unser Tool nutzen können) sind die ärztliche Stellungnahme und ggf. weitere medizinische Unterlagen entscheidend.

Zum Antragsformular für Medikamenten-Kostenübernahme

Was tun bei Ablehnung?

Wird Ihr Antrag abgelehnt, haben Sie das Recht, Widerspruch einzulegen. Aufgrund der Komplexität dieser Anträge sind Ablehnungen leider nicht selten. Ein gut begründeter Widerspruch, eventuell mit zusätzlichen medizinischen Argumenten oder Gutachten, kann aber dennoch zum Erfolg führen.

Zum Widerspruchsformular

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Warum sind die Voraussetzungen für die Kostenübernahme so streng?

Die Gesetzliche Krankenversicherung ist auf Leistungen beschränkt, die „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich“ sind und den medizinischen Standards entsprechen. Für nicht zugelassene oder nicht-gelistete Therapien fehlt oft der Nachweis dieser Kriterien. Die strengen Regeln nach § 2 Abs. 1a SGB V sind eine Ausnahme, um in Extremsituationen (lebensbedrohliche Krankheiten) eine Behandlung zu ermöglichen, wenn keine Alternative zur Verfügung steht.

Was passiert, wenn meine Krankenkasse nicht rechtzeitig antwortet?

Die Krankenkasse muss über Ihren Antrag mit Kostenvoranschlag innerhalb von **drei Wochen** entscheiden. Wenn eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD) erforderlich ist, verlängert sich die Frist auf **fünf Wochen**. Reagiert die Kasse nicht innerhalb dieser Frist, gilt der Antrag als genehmigt (sogenannte Genehmigungsfiktion). Sie sollten der Kasse in diesem Fall schriftlich die Fristversäumnis mitteilen und die Genehmigung einfordern.

Kann ich das Medikament einfach selbst kaufen und mir das Geld zurückholen?

Nein, davon wird dringend abgeraten. Der Grundsatz lautet: Die Krankenkasse muss die Leistung **vor** der Inanspruchnahme bewilligen. Eine rückwirkende Kostenübernahme ist die absolute Ausnahme und wird nur in sehr seltenen Fällen gewährt, wenn die Leistung unaufschiebbar und die Ablehnung rechtswidrig war. Sie laufen das hohe Risiko, auf den Kosten sitzen zu bleiben.

Was ist der Unterschied zwischen einem "nicht-gelisteten" Medikament und einer "neuen Behandlungsmethode"?

Ein **nicht-gelistetes Medikament** ist ein zugelassenes Arzneimittel, das nur nicht im GKV-Leistungskatalog steht. Eine **neue Behandlungsmethode** ist eine Therapie, die noch nicht im Leistungskatalog enthalten ist und deren Wirksamkeit und Sicherheit oft noch nicht ausreichend wissenschaftlich belegt ist. Die Regeln für die Kostenübernahme sind ähnlich, aber für neue Methoden oft noch strenger.

Welche Rolle spielt mein Arzt beim Antrag?

Ihr Arzt oder Ihre Ärztin spielt eine entscheidende Rolle. Ohne eine detaillierte, medizinisch fundierte Begründung, warum das beantragte Medikament notwendig ist und welche Alternativen nicht infrage kommen, wird Ihr Antrag in der Regel abgelehnt. Der Arzt muss die medizinische Notwendigkeit nachweisen und die begründete Erfolgsaussicht darlegen.